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Kohlekraftwerk Datteln - E.ON kann einen Etappensieg feiern
(17. Dezember 2010)

Montag, der 13. Dezember 2010 war ein schwarzer Montag für GRÜNE Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen, geht man davon aus, dass das mit dem schnellstmöglichen Ausstieg aus fossiler Energieerzeugung in Nordrhein-Westfalen jemals erst gemeint war. Das Regionalparlament des Ruhrgebiets beschloss seinen Konsens im "Zielanpassungsverfahren" für das Kohlekraftwerk Datteln IV.

Wenigstens interpretiert das so - alle politische Lyrik und Unklarheit beiseite gelassen - der Behördenchef des RVR für Regionalplanung, Rommelspacher, der seit Monaten dies Planungsverfahren gradlinig durchexerziert. Mit dem Verfahren der Zielanpassung sollen die regionalplanerischen Grundlagen gerichtsfest zu reparieren sein, die ein Vorgänger im Amt so vermasselt hatte, dass unter anderem deshalb die Bauarbeiten an Datteln IV per Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts im September 2009 mitten im schönsten Betonieren und Montieren von technischer Ausrüstung gestoppt wurden. Die Stadt Datteln, zweite, de jure planungspolitisch Beteiligte, wird sicher ihren Konsens erklären, wenn sie es nicht schon längst getan hat. Denn sie war schon immer ohne wenn und aber für Datteln IV. Deswegen liegt schon jetzt der Ball bei der dritten und letzten im Verfahren der Zielanpassung beteiligten politischen Institution, der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, auch wenn sich manche im Regionalparlament am Montag gewünscht hatten, eine Schonfrist bis zum Sommer 2011 herbei beschließen zu können.

Die Verbandsversammlung hat nämlich auf Betreiben der rot-grünen Koalition und mit ihrer Mehrheit zwei Beschlüsse in einem zu Datteln IV gefasst. Ihrer Meinung nach bauten sie aufeinander auf. Erstens wurde beschlossen, die Versammlung ist dafür, das Verfahren zur Zielanpassung durch oder weiter zu führen. Zweitens wurde beschlossen, das Verfahren sofort anzuhalten oder zu unterbrechen, um Gutachten zur Rechtmäßigkeit von Zielanpassung in der Causa Datteln IV einzuholen und dann im Sommer nächsten Jahres erneut zu beschließen. Aus dem zweiten Teil des Beschlusses wird aber nichts werden. Rommelspacher und seine Verwaltungsleute erkannten sofort die politische Schwäche und das Wackelpuddinghafte des Beschlusses. Sie beanstandeten den Beschluss als widersprüchlich und rechtsunsicher und fordern nun, dass die Regierungschefin NRWs als oberste Aufseherin auch über die Regionalplanung in einem Akt der Ersatzvornahme für Rechtmäßigkeit und Klarheit sorgen soll.

Das ist schlau. Denn spätestens seit Montag ist politisch auch klar, wohin die SPD und damit auch Frau Kraft in der Causa Datteln segeln wird. Obwohl die Richter in Berlin E.ON und die Kohlelobbyisten in Datteln ein Stück weit in die Defensive brachten, will die SPD sich hier nicht als angeblich industriefeindliche politische Kraft beschimpfen lassen, die einen Kraftwerksbau als Industrieruine enden lässt. Sie will den kontraproduktiven Bau deswegen aus seiner Illegalität und sich selbst vom Geschmäckle einer Begünstigung und des Verrats von überdurchschnittlich ehrgeizigen klimapolitischen Zielen erlösen. Sie wird deswegen der Zielabweichung beitreten. Sie will den Weiterbau von Datteln IV.

Auch bei den GRÜNEN ist es seit Montag schwer geworden, sich etwas anderes vorzustellen. Sie konnten die SPD nicht dazu bewegen, dem Zielabweichungsverfahren nicht zuzustimmen. Die Verbandsversammlungs-GRÜNEN haben dann schwer lamentiert über den gigantischen Ausstoß von CO2 aus dem geplanten Kohlekraftwerk, proklamierten dann den oben genannten Beschlusskompromiss, der keiner war, und erklärten gemeinsam mit der SPD ihre Zustimmung zur Durchführung der Zielabweichung. Es ist nicht zu erwarten, dass auf der Ebene der NRW-Regierung andere, gegen die weitere Carbonisierung der Energieerzeugung gerichtete "Kompromisse" formuliert werden. Konsequenter und durchgreifender Klimaschutz ist anscheinend doch nicht die Agenda der Landesregierung in NRW, auch dieser rot-grünen nicht. Dabei wäre es nach dem Beschluss des Obersten Verwaltungsgerichts hier realpolitisch relativ einfach gewesen, diese Kritik schlicht aufzunehmen, weiter zu führen und sich damit vor dem politischen Publikum in den Mantel der Gerechten einzukleiden, um damit den Vorstoß von E.ON und ihren ungebrochenen Carbonisierungswahn im Aus landen zu lassen.

Nachtrag

Einen kleinen Aufschub hat es nun doch gegeben. Die RVR-GRÜNEN teilten in ihrer Homepage mit:

Landesregierung stützt Beschluss der Verbandsversammlung zum Kraftwerksstandort Datteln

Unmittelbar nach der Verbandsversammlung am vergangenen Montag hatte Regionaldirektor Heinz-Dieter Klink schriftlich gegenüber der Staatskanzlei NRW Bedenken gegen den von SPD und Grünen eingebrachten und mehrheitlich gefassten Beschluss zum Kraftwerksstandort Datteln erhoben. Die heutige Antwort der Landesregierung ist klar und eindeutig: Sie begrüßt die Entscheidung der Verbandsversammlung und verwirft Klinks Bedenken. "Die gewählte Vorgehensweise scheint geeignet, zu einer rechtssicheren Entscheidung zu gelangen", so die Staatskanzlei wörtlich in ihrem Antwortschreiben.